18 September 2018

Die Realität schaut bei Unternehmen, die in die Cloud umziehen wollen, anders aus als der Wunsch. Es wird immer einfacher die Vorteile cloudbasierter Workloads zu nutzen, je ausgereifter die Produkte von Cloud-Dienstanbietern (CSP) werden. Und wenn diese Vorteile der cloudbasierten Workloads von Unternehmen richtig eingesetzt werden, wirkt sich das auch deutlich auf den Umsatz der Unternehmen aus. Doch die Integration von Clouddiensten in die Unternehmens-Infrastruktur ist oft komplex.

Vorstände halten ihre Unternehmen unabhängig von ihrer Größe und Branche aktuell vermehrt dazu an, das IT-Budget für Cloud-Dienste zu erhöhen. Gartner erwartet einem aktuellen Bericht zufolge, dass der weltweite Public-Cloud-Markt im Jahr 2018 um 21,4 Prozent von 153,5 Milliarden USD im Jahr 2017 auf insgesamt 186,4 Milliarden USD steigen wird.


Thomas LaRock ist Head Geek bei SolarWinds. (Bildquelle: SolarWinds)

Thomas LaRock ist Head Geek bei SolarWinds. (Bildquelle: SolarWinds)

Die im SolarWinds IT Trends Report 2018 befragten IT-Experten gaben jedoch an, dass Cloud und hybride IT die größten Herausforderungen darstellen. Der Zwiespalt wächst zwischen der Vorstandsebene, die vorankommen und die Cloud für Innovation nutzen möchte, und den IT-Experten, die grundlegenderes, praxiserprobtes Wissen zu Unternehmensanwendungen, Workloads und den realistischen Möglichkeiten des Cloud Computings besitzen.

Aus Sicht der Unternehmensleitung bietet die Cloud viele Möglichkeiten: Durch die Umstellung können sowohl Kapital- als auch Betriebskosten gesenkt werden, eine höhere Kundenzufriedenheit und zusätzliche Einnahmen und Wettbewerbsvorteile können durch cloudbasierte oder mobile Anwendungen erzielt werden. Für viele Geschäftsführer ist die Cloud schlicht zu verlockend, um sie zu ignorieren – und die IT-Experten haben letztlich die Aufgabe, die Lücke zwischen Phantasie und Realität zu schließen.


Die ernüchternde Cloud-Realität

Auch wenn die Vorteile der Cloud-Migration für Unternehmen außer Frage stehen, ist die Realität von Migration- und Managementanpassungen ernüchternd. Wenn die Unternehmensleitung auf größere Investitionen in das Cloud Computing drängt, sollte man auch entsprechend vorbereitet sein, um auf die Herausforderungen der Migration hinzuweisen.

Obwohl Cloud Computing gewissermaßen als Workload „in der Infrastruktur von anderen“ ausgeführt werden kann, unterliegt das Rechenzentrum des Cloud-Dienstanbieters denselben physischen Gegebenheiten und Ausfallrisiken, wie vergleichbare Infrastruktur im eigenen Unternehmen. Das bedeutet, dass IT-Experten weiterhin darauf vorbereitet sein müssen, Verfügbarkeitsbeeinträchtigungen und auch potenziellen Risiken für Ihre Anwendungen zu minimieren, und dabei eine gewisse Übersicht über die ausgelagerten Workloads zu behalten.

Darüber hinaus neigt Cloud Computing dazu, die zugrundeliegende Architektur noch mehr zu verschleiern als vor einem Jahrzehnt die Shared Colocation. Für IT-Experten bedeutet das zusätzlichen Arbeitsaufwand, um herauszufinden, welche Fehlerquellen in der Infrastruktur vorliegen und wie diese minimiert werden können.

Bei einer übereilten Cloud-Migration werden schnell auch scheinbar unwichtige Faktoren übersehen, die oft genug zu großen Hindernissen werden und dem erwarteten Cloud-Erfolg im Wege stehen. Jedes Unternehmen verfügt über Prozesse und Anwendungen, die ständig Umsätze für das Unternehmen generieren – und damit quasi den Betrieb am Laufen halten – und die nicht einfach aus- und wieder eingeschaltet werden können. Die Rechenzentrumsstrategie muss also auf durchdachten Verfahren und Regeln basieren.

Gleichzeitig sollte nicht unterschätzt werden, dass eine schnelle Umstellung auf die Cloud häufig mit unzureichenden Kenntnissen einhergeht. Wer gerade seine ersten Schritte in Richtung einer gehosteten Umgebung wagt, besitzt vermutlich nur stark isolierte Fähigkeiten. Häufig kennt sich ein Team beispielsweise mit Hyper-V und vSphere aus, aber nicht mit Amazon Web Services, Microsoft Azure oder dem komplexen Aufbau von SLAs. Und daraus resultiert eine berechtigte Sorge: Ohne umfassende Recherchen und Kenntnisse zu den Diensten, Funktionen und den damit verbundenen Kosten jedes Cloud-Anbieters, kann es einem Unternehmen jedoch schnell passieren, dass die Servicequalität für den Endbenutzer im Vergleich zum aktuellen lokalen Setup drastisch abfällt.

Cloud muss nicht immer die günstigste Wahl sein

Gleichzeitig sollten IT-Experten im Cloud-Zeitalter auch Softskills wie Produkt- und Projektmanagement nicht vernachlässigen und in der Lage sein, den Mehrwert von Cloud-Diensten deutlich zu machen.

Denn auch wenn die Kosteneffizienz einen der Hauptgründe für die Migration darstellt, ist die Cloud letztendlich nicht immer die günstigste Option. Jedes Unternehmen wünscht sich individuelle Lösungen für seine Probleme, doch die führenden Cloud-Dienstanbieter konzentrieren sich stärker auf Mainstream-Angebote als auf extrem individualisierte Angebote, die üblicherweise direkt im Unternehmen entwickelt werden. Netflix entwickelt beispielsweise ein eigenes Toolset, um die handelsüblichen Dienste von AWS zu ergänzen. Bei „einfachen“ individuell gehosteten Diensten ist immer eine Kostenabwägung wichtig.

Die Lücke schließen: Best Practices für die Bereitstellung in der Cloud
Die Vorteile und Möglichkeiten des Cloud Computings bringen mehr Vorstandsmitglieder als je zuvor dazu, sich mit dem Rechenzentrum zu beschäftigen. Letztendlich interessiert sich der Vorstand jedoch weniger dafür, wo Dienste herkommen, als dafür, wie sie die Kundenzufriedenheit verbessern können.

Die wichtigste Aufgabe eines IT-Experten besteht nun darin, eine realistische Migrationsstrategie zu entwerfen, die gleichzeitig das Unternehmen voranbringt und ein gleichbleibend gutes Kundenerlebnis sicherstellt. Die folgenden Best Practices helfen dabei, sich darauf vorzubereiten:

Fähigkeiten: In der heutigen IT-Landschaft ist es enorm wichtig, sich regelmäßig im Hinblick auf neue Technologien und Cloud-Dienste weiterzubilden, um so die Kontrolle über die eigene berufliche Laufbahn zu behalten. IT-Experten sollten eine breite Palette an Fähigkeiten und Kenntnissen erwerben und es vermeiden, nur auf einen Anbieter zu setzen. Stattdessen ist es sinnvoll, unterschiedliche Angebote und Dienste sowie deren jeweilige Vorteile gut zu kennen, um das Beste aus der Cloud herauszuholen. Auch das Wissen zu abstrakten Technologien wie Containern und Microservices ist wichtig. Wer seine technischen Kompetenzen nicht ständig erweitert, riskiert bald ins Hintertreffen zu geraten.

Baselines: Ein Spruch sagt: „Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß.“ In unserem Fall könnte man sagen: Wer nicht weiß, was „normal“ ist, kann auch nicht sagen, wann etwas nicht stimmt. Um die Anwendungs- oder Infrastrukturanforderungen in der Cloud genauer feststellen zu können, benötigt man umfassende Überwachungs- und Verwaltungslösungen, die Baselines zu Performance und Ressourcenauslastung erstellen können. Zugleich können diese Baselines auch dazu beitragen, die aktuelle Effizienz des Rechenzentrums zu dokumentieren, um später im Vergleich die Vorteile eines zur Cloud migrierten Projekts messen zu können. Hat beispielsweise die Anwendung hinsichtlich Verfügbarkeit, Skalierbarkeit oder Nutzung vordefinierter Dienste von CSPs zugelegt? Wurde Zeit bei den Entwicklern und IT-Mitarbeitern eingespart?

Thomas LaRock ist Head Geek bei SolarWinds. (Bildquelle: SolarWinds)Nur wer sein aktuelles Rechenzentrum sehr genau kennt, kann auch die Änderungen nach einer Umstellung auf die Cloud und/oder notwendigen Abweichungen von einem Migrationsplan erfolgreich kommunizieren.

Zusammenarbeit: Zusammenarbeit hat viele Gesichter. Die in der Cloud erforderlichen Technologien und Fertigkeiten – von der Geschäftsstrategie über das Projektmanagement bis hin zum Vertrieb – sind so vielfältig, umfangreich und schnelllebig, dass es umso wichtiger wird, Communities und geschäftliche Beziehungen zu nutzen und eine Möglichkeit zu finden, um all diese Informationen an einem zentralen Ort zusammenzuführen. Durch die Nutzung von Cloud-Diensten wird außerdem sichergestellt, dass Projekte auf verschiedene Standorte und Regionen verteilt werden. IT-Abteilungen, die alle Informationen rund um die Performance-Anforderungen von Anwendungen und Workloads zentral speichern, können ihr Budget effektiver nutzen und die entsprechenden Fähigkeiten erfolgreicher aufbauen.


Fazit

Die Cloud bietet Unternehmen zweifellos eine Vielzahl an Vorteilen, die auch die Vorstandsebene nicht mehr ignorieren kann. Auf den ersten Blick mag es scheinen, als könne man eine vorhandene Infrastruktur einfach unverändert in die Cloud übertragen, doch aus Sicht der IT sind deutlich mehr Vorüberlegungen und strategische Erwägungen erforderlich, als man anfangs denken könnte. IT-Experten haben daher die wichtige Aufgabe, zu kommunizieren, was durch die Migration zur Cloud realistischerweise erreicht werden kann – sowohl hinsichtlich der möglichen Vorteile als auch aus Sicht des IT-Managements und in Bezug auf die Servicebereitstellung.


Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von IT-BUSINESS, Autor Thomas LaRock, edited by Andreas Donner.

Quelle Titelbild: iStock/sorbetto