29 November 2019
Eignet sich SDN auch für kleine Unternehmen? Warum jetzt umsteigen und nicht in 5 Jahren? Welche Argumente für SDN ziehen im Management? Diese und weitere wichtige Fragen klärt Florian Waefler von Swisscom im Experteninterview.
 
Software Defined Network (SDN) ist das Top-Gesprächsthema in vielen IT-Abteilungen. Was IT-Verantwortliche beim Umstieg beachten sollten, klärt Florian Waefler, Head of Offerings bei Swisscom im Interview. Das Unternehmen Swisscom ist das führende Schweizer Telekommunikationsunternehmen und eines der führenden IT-Unternehmen des Landes mit Sitz in Worblaufen bei Bern.
 
Herr Waefler, Sie sagten bereits vor über einem Jahr, dass ohne Software Defined Network (SDN) bald gar nichts mehr geht. Ist das nicht etwas dramatisch?
Nein. Gerade bei den grossen Kunden von Swisscom verändert sich das Business extrem schnell. Die herkömmlichen Prozesse im Netzwerk reichen dafür nicht mehr aus.
 
Haben Sie ein Beispiel?
Nehmen wir einen unserer Westschweizer Kunden mit sehr vielen kleinen Point of Sales. Es fallen dauernd zahlreiche Veränderungen an: Neueröffnung, Umzug, Schliessung. Diese sehr grosse Standortdynamik, kombiniert mit wechselnden Angeboten, ist mit den traditionellen Prozessen nicht ohne grossen Aufwand zu bewältigen. Die Antwort auf diese Problematik ist die SDN-Technologie.
 


Sie erwähnten Grosskunden mit komplexen Prozessen. Da liegt ein Umstieg auf SDN nahe. Warum sollte ein mittelständisches oder sogar eher kleineres Unternehmen umsteigen?

Diese Betriebe profitieren ebenfalls von erhöhter Agilität und verschlankten Prozessen. Aber das ist nur die eine Seite. Unser Angebot ist dank der SDN-Technologie extrem modular. Kurz gesagt haben wir pro Standort den Base-Module-Teil (mit dem Access), losgelöst vom Service-Teil, also den dazugehörigen Diensten (wie z.B. Standortvernetzung, Internet, Security, Public WLAN, PBX, VoIP, TV usw.). Der Kunde kann hier beliebig kombinieren, etwas dazunehmen oder kündigen und wird so natürlich sehr effizient. Diese Effizienz zieht sich übrigens durch das gesamte SDN-Angebot. Der Kunde kann via Dashboard sein Netzwerk und seine Services extrem flexibel organisieren – und zwar alles in Echtzeit.
Geld ist also nicht die wichtigste Motivation, auf SDN umzusteigen?
Wir haben viele Kunden, die ihre Software Updates für die Arbeitsstationen zentral ausspielen und für diesen Tag eine grosse Bandbreite brauchen. Die Agilität liegt darin, dass der Kunde diese Bandbreite auf einen bestimmten Termin vorbestellen kann. Die zahlt er nur für die benötigte Zeit. Vielleicht möchte der Kunde aber auch einen externen Partner einbinden. Die entsprechenden Einstellungen an der Firewall nimmt er via Dashboard vor; sie sind innert weniger Minuten erledigt.
 
Das heisst konkret, dass der Netzwerk-Administrator sehr viel prozessorientierter arbeiten sollte. Er muss wissen, welche Prozesse welchen Impact aufs Netz haben und dieses Wissen in konkrete Handlungsanweisungen umsetzen.
Absolut. Aber nicht nur die Netzwerker, auch das Marketing und das Business sind betroffen, da sie die Anforderungen formulieren müssen.
 
Das bedeutet eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, die bisher noch nicht viel miteinander zu tun hatten?
Ja, das verändert sich im Moment stark. Heute bestellen die Fachleute aus dem Marketing eine App oder einen Service und die IT-Abteilung setzt um. Es wird nicht mehr gefragt, ob das geht. Das setzt natürlich voraus, dass die beiden Gruppen intensiv miteinander reden.
 
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Eine zunehmende Zusammenarbeit zwischen Abteilungen ist essentiell (Quelle: iStock.com / metamorworks)

 Letztlich sprechen wir also von einem Paradigmenwechsel, wie mit und in einem Netzwerk gearbeitet wird?
Das sehe ich genauso. Das Netzwerk sowie die Services werden immer stärker zum Enabler der Business-Prozesse.
 
Ist das den Kunden bewusst?
Nein, das ist in letzter Konsequenz noch nicht allen bewusst. Oft steht der finanzielle Aspekt im Vordergrund. Aber die meisten Kunden merken sehr schnell, dass SDN sehr viel mehr verändert als nur die Zahlen im Budget.
 
Tatsache ist aber auch, dass Netzwerk-Infrastruktur sehr teuer ist. Lohnt sich ein Wechsel auf SDN denn überhaupt, rein finanziell?
Eine berechtigte Frage. Aber jede Technologie hat ein End of Life. Das ist der perfekte Moment, um über einen Wechsel nachzudenken, vor allem wenn es um das WAN oder das LAN und das WLAN geht. Ob es sich finanziell lohnt, muss natürlich genau abgeklärt werden. Falls der Kunde eine Netzwerk-Abteilung unterhält, muss der TCO (Total Cost of Ownership) ein Thema sein.
 
Kann ein Kunde der seine Infrastruktur und die benötigten Services aus der Cloud beziehen möchte, noch auf SDN verzichten?
Ja, das kann er schon. Aber es ist klar, dass Swisscom ihre SDN- und Cloud-Angebote miteinander verzahnen wird. Bereits in wenigen Monaten wird es möglich sein, direkt aus dem SDN-Dashboard eine Cloud-Anbindung herzustellen. Selbstverständlich mit einer optionalen Firewall dazwischen. Unsere Netzwerklösung ist eine zentrale Drehscheibe, die sämtliche Plattformen von Swisscom wie auch von anderen Providern zusammenbringt.

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Werden wir konkret: Wenn die Netzwerk-Infrastruktur ihr End of Life erreicht hat. Was kommt dann auf einen Kunden zu?
Wir schauen mit dem Kunden zuerst einmal die gesamte Infrastruktur an. Auch die versteckten Kosten müssen dabei berücksichtigt werden, damit man eine seriöse Abklärung machen kann.
 
Welche Grössenordnung hat so ein Projekt?
Es kommt darauf an, ob jemand bereits Swisscom-Kunde ist. Dank der erwähnten Drehscheibe können unsere Kunden bestehende und neue Services problemlos gleichzeitig nutzen, auch wenn diese nicht im selben Netz sind. Somit ist eine nahtlose Migration auf SDN garantiert.
 
Das Thema Sicherheit ist im Netzwerk ein zunehmend wichtiges Thema. Gibt es Kunden, die Angst haben, mit SDN die Hoheit über ihr Netzwerk zu verlieren?
Ja, diese Diskussionen führten wir auch schon. Die Frage, die sich jeder Kunde stellen muss: Was kann er selber besser leisten als die Security-Spezialisten von Swisscom? Wir beschäftigen Leute, die extrem tief im Thema sind und sich mit nichts anderem beschäftigen. Solches Personal ist für ein Unternehmen im Normalfall nicht erschwinglich.
 
 
 

 

Quelle Titelbild: Swisscom