Ein Quanten-Annealer von D-Wave soll in wenigen Minuten eine Simulation ausgeführt haben, wofür ein Supercomputer eine Millionen Jahre brauchen würde. Allerdings bestehen Zweifel an dieser Meldung.
Quantencomputer stehen eigentlich erst am Anfang der Entwicklung. Viele Durchbrüche, so es sie gibt, sind rein hypothetisch. Das könnte sich jetzt mit einem Quanten-Annealer von D-Wave Quantum Inc. ändern.
Anneal bedeutet in der Metall- oder Glasverarbeitung so viel wie Ausglühen. Ziel ist es, die richtige Temperatur zu finden, damit das Material nicht spröde wird oder reißt. Quanten-Annealing beruht auf einem ähnlichen Prinzip. „In einem Quanten-Annealer arbeiten Qubits, die sich zwar nicht universell mittels Gattern verschalten lassen, die aber durch echte Quanten-Tunnel-Effekte in der Lage sind, für Optimierungsprobleme globale Minima schneller und besser zu finden als herkömmliche Computer“, erklärt die Bundesquantenallianz.
Quanten-Tunnel helfen in einem Quanten-Annealer, schnellere Optimierungswege zu finden. Bildquelle: Bundesquantenallianz
Das eigentlich kanadische Unternehmen D-Wave hat am 13. März 2025 vom US-Hauptsitz im kalifornischen Palo Alto aus im Fachmagazin Science einen Durchbruch vermeldet, dessen Vorarbeiten laut dem Heise-Magazin c’t auf das Jahr 2023 zurückgehen.
Angeblich erste echte Überlegenheit
Demnach will es dem Unternehmen mit einem Quanten-Annealer gelungen sein, eine Simulation auszuführen, für die ein Supercomputer eine Million Jahre und mehr Energie benötigen würde, als die ganze Weltbevölkerung in einem Jahr verbraucht. Und damit sei der Beweis der Quantenüberlegenheit erbracht. Gemeint ist die Überlegenheit oder auch der „Quantenvorteil“ gegenüber klassischen Supercomputern, ein bestimmtes Problem in einer realistischen Zeitspanne lösen zu können.
Es gab schon mehrere solche angeblichen Durchbrüche. So will Google im Dezember 2024 erst mit seinem neuen Quantenchip „Willow“ den Beweise der Quantenüberlegenheit geliefert haben. Das Kernproblem an solchen Experimenten war bisher immer, dass die gelösten Probleme vornehmlich akademisch waren und keinen praktischen Nutzen hatten.
In dem aktuellen Fall wäre das anders. „Unsere Demonstration der Überlegenheit von Quantencomputern bei einem nützlichen Problem ist eine Branchenpremiere“, klopft sich D-Wave-CEO Alan Baratz auf die Schulter und sagt weiter: „Alle anderen Behauptungen, dass Quantensysteme klassische Computer übertreffen, wurden bestritten und betrafen Erzeugung von Zufallszahlen ohne praktischen Wert.“
Jens Eisert, Quantenforscher der Freien Universität Berlin, findet lobende Worte und nennt es eine „hochspannende Arbeit, die an der richtigen Stelle nach Quantenvorteilen sucht“.
Der Vorteil liegt in der Quantentechnik
Die Forschenden von D-Wave haben bei ihrem Experiment das Verhalten von „Springgläsern“ genannten hochkomplexen magnetischer Materialien simuliert, die für die Forschung, aber auch für das Lösen von Optimierungsaufgaben relevant sind.
Typischerweise werden solche Optimierungsprobleme von Supercomputern simuliert. Die Qubits (Quanten-Bits) von Quanten-Annealern haben aber bereits quantenmechanische Eigenschaften inne, die ein klassischer (Super-)Computer erst simulieren muss.
Eisert zufolge ist die D-Wave-Maschine jedoch noch kein vollwertiger Quantenrechner, sondern ein „Quanten-Annealer, der Modellsysteme aus der Festkörperphysik sehr genau nachstellen kann“. Ein solcher Annealer ist speziell dafür konzipiert, Optimierungsprobleme zu lösen, für die Materialforschung, auf dem Finanzmarkt und für das Machine Learning etwa.
Wie heise und c’t weiter schreiben, vertreibt D-Wave solche Quanten-Annealer schon kommerziell, während andere Hersteller bisher nur mit Prototypen von Quantenchips aufwarten. Im Forschungszentrum Jülich steht zum Beispiel schon seit 2022 eine solche Maschine von D-Wave.
In dem aktuellen Fall haben die Forschenden sowohl die D-Wave-Maschinen Advantage 1 und 2 als auch den Supercomputer Frontier am Oak Ridge National Laboratory des US-Energieministeriums mit der Problemstellung betraut. Der auch OLCF-5 genannte Frontier gilt seit der Inbetriebnahme 2022 mit 1,1 ExaFLOPS (Gleitkommaoperationen pro Sekunde) als der schnellste Supercomputer der Welt.
Quelle Titelbild: IBM