4 November 2018

Was die Netzabdeckung und Internetgeschwindigkeiten angeht, hinkt Deutschland international noch weit hinterher. Der 5G-Mobilfunkstandard mit 100 Mbit/s für 98 Prozent der Haushalte soll bis Ende 2022 die Wende bringen. Einige Politiker hegen aber schon Zweifel daran.

Als 2017 bekannt wurde, dass Deutschland bei den Internetgeschwindigkeiten laut Akamai Ende 2016 nur auf Platz 25 rangierte, war das Geschrei groß. Plötzlich haben sich alle Parteien für die Digitalisierung und den Breitbandausbau eingesetzt. Das vielfach beklagte Problem ist das, dass die Netzbetreiber sich beim Internet- und Mobilfunkausbau zu sehr auf die großen Städte und Ballungszentren konzentrieren und die ländlichen Regionen oft vernachlässigen, so dass dort manch einer nur extrem langsames oder gar kein Internet beziehungsweise Mobilfunknetz hat.

Deutschland hinkt hinterher

Daher knüpft die Bundesnetzagentur laut t3n ganz konkrete Bedingungen an die Versteigerung der begehrten 5G-Mobilfunklizenzen. Demnach sollen die Netzbetreiber bis Ende 2022 mindestens 98 Prozent der deutschen Haushalte in jedem Bundesland mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde  versorgen.

Das wäre das 6,5-fache des durchschnittlichen verfügbaren Datendurchsatzes von 15,3 Mbit/s im ersten Quartal 2017, womit Deutschland in der Akamai-Studie eben immer noch nur auf Platz 25 landete – einschließlich schneller Glasfaser- und anderer Kabelverbindungen. Theoretisch sind in 5G-Mobilfunknetzen sogar Datenraten von bis zu 20 Gbit/s drin. 

Bedingungen zu lasch

Außerdem sollen die Bieter verpflichtet werden, für jeden Frequenzbereich jeweils 500 Basisstationen aufzustellen, das heißt 500 für den 3,6-GHz- und 500 für den 2-Ghz-Bereich. Anders als von United Internet beziehungsweise von 1&1-Gründer Ralph Dommermuth als Bedingung für die Teilnahme bei der Versteigerung gefordert, will die Bundesnetzagentur National Roaming während des Aufbaus der 5G-Netze aber ausdrücklich nicht vorschreiben. Kartellrechtlich könnte das National Roaming tatsächlich bedenklich sein, Vorteil wäre aber, dass Anbieter, die in der jeweiligen Region noch über kein eigenes 5G-Netz verfügen, gegen Bezahlung die eines Konkurrenten nutzen können. 

Ende September will die Bundesnetzagentur in Bonn laut Süddeutsche Zeitung die Regeln für das deutsche Netz bis 2040 festlegen und dann auch entscheiden, wie das neue Netz aufgebaut werden soll – das heißt auch, wie viele Masten die Anbieter bauen müssen und wie viele Funklöcher es dann noch geben darf. Das Ziel ist eine bessere Netzabdeckung, aber ein lückenloses wird es nach den bisher durchgesickerten Plänen immer noch nicht geben. 

Stadt-Land-Kluft wird eher noch größer

Dabei wird die Kluft zwischen Stadt und Land immer größer. In einem Brandbrief an den Netzagentur-Chef Jochen Homann beklagen führende Unions-Abgeordnete nun schwere Mängel. Wer mit dem Auto oder der Bahn viel abseits der Metropolregionen unterwegs ist, wird ein Lied davon singen können. Denn da klaffen mitunter Funklöcher, die sind gefühlt so groß wie ein ganzer Landkreis. Wenn sich das nicht ändert, wird die Kluft immer größer, geht der Süddeutschen Zeitung zufolge aus einem achtseitigen Papier hervor.

Funklöcher sollten vor allem in Metropolgegenden kein Thema mehr sein. Dennoch ärgern sich Smartphone-Nutzer immer wieder über Netzprobleme. (Bildquelle iStock/ LeoPatrizi)

Die Abgeordneten sehen „eine höchst bedenkliche Entwicklung“ und „keine Basis dafür, wie mit den angestrebten Festlegungen in Deutschland ein 5G-Leitmarkt entstehen soll“, zitiert die SZ. Das Schreiben gelte als äußerst brisant, denn damit düpierten die Union-Vize-Chefs Ulrich Lange und Nadine Schön sowie weitere Unions-Abgeordnete gleich zwei verantwortliche Minister aus ihren Reihen: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

Es steht viel auf dem Spiel

Dabei steht so viel auf dem Spiel. Denn abgesehen vom deutlich schnelleren mobilen Internet für Privatnutzer hat 5G auch das Zeug, die Machine-to-Machine- oder IIoT-Vernetzung voranzutreiben. Autonomes Fahren wird in Deutschland nur funktionieren, wenn flächendeckend schnelles mobiles Internet zur Verfügung steht. Das hat VW-Chef Herbert Diess unlängst auch erklärt und ein flächendeckendes 5G-Netz als Voraussetzung für die volle Vernetzung der Automobile genannt. Die Bundesnetzagentur plane dafür aber keine Auflagen an die Mobilfunkanbieter. Wenn die keine ausreichende Zahl von Funkmasten entlang der Straßen zur Verfügung stellten, müsste notfalls der Bund, sprich der Steuerzahler dafür aufkommen, heißt es in dem Papier der Unions-Abgeordneten.

Die Großen wieder gegen die Kleinen

Auch die Bahnkunden würden dem Brandbrief zufolge voraussichtlich in die Röhre schauen, denn die geplanten Übertragungsgeschwindigkeiten entlang der Bahnstrecken reichten nicht aus. Außerdem könnte der Wettbewerb der Discount-Anbieter schnell „unter die Räder kommen“, weil die großen Telekombetreiber nicht verpflichtet sind, kleinere Kapazitäten abzutreten.

Die Kleinen befürchten schon, dass die drei Riesen Telekom, Vodafone und Telefónica zum Nachteil der Kunden nur noch größer werden. So erlebt Freenet-Vorstand Rickmann von Platen nach eigenen Worten „eklatante Zustände auf dem Mobilfunkmarkt“ und sagt er, die Fehler der Vergangenheit mit zu viel Schutz der großen Anbieter vor dem Wettbewerb dürften sich nicht wiederholen. Nicht umsonst seien die Nutzer in Frankreich und der Schweiz deutlich schneller im Netz unterwegs.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Oliver Krischer nennt die Eckpunkte der Versteigerung bereits „eine Farce“ und fordert: „Die Versteigerung muss dringend gestoppt werden.“

 

Titelbild: iStock/ jamesteohart