Als „virtuelle Versuchskaninchen“ sind sie in Industrie und Forschung längst Standard. Jetzt erobern die Digital Twins auch andere Anwendungsbereiche – allen voran Events und Marketing. Auf Kunden oder Messebesucher warten in Zukunft ganz neue und spannende Erlebniswelten.
Analysten und Tech-Fans sind stets auf der Suche nach dem „Next Big Thing“. Noch eher unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit könnte der Kandidat dafür längst gefunden sein: Der „Digitale Zwilling“.
Außer in der Industrie, Forschung und Entwicklung sowie in Fachartikeln und Konferenzen spielt dieser in der öffentlichen Wahrnehmung bisher noch keine so große Rolle, aber das könnte sich schnell ändern. Denn laut einer Studie des US-Marktforschungsunternehmens Gartner hatten 2021 bereits die Hälfte aller großen Unternehmen weltweit Digitale Zwillinge im Einsatz. Heute dürfte dieser Wert deutlich höher sein. Die Vorteile der Virtual Twins liegen auf der Hand: Als virtuelle Abbilder von realen Gegenständen oder Prozessen lassen sich an ihnen „unbeschadet“ Dinge ausprobieren und haben sie so das Zeug, die Entwicklung und Nutzung von Technologien zu revolutionieren.
Sie liefern präzise Daten, um Einblicke in Management- und Optimierungspotenziale zu gewinnen – und vor allem Entwicklungen voranzutreiben und durch schlankere Produktionsprozesse zu einer schnelleren „Time-to-Market“ zu kommen und Kosten einzusparen.
Smarte Zwillinge werden die Eventbranche grundlegend verändern
Aber sind Digitale Zwillinge dazu verdammt, reine „Effizienz-Bagger“ für die Industrieproduktion, Forschung und Entwicklung zu sein? Manche sehen das so wie Nicole Deisenhofer anders. „Digitale Zwillinge und immersive Events transformieren die Kommunikation grundlegend. Sie ermöglichen nachhaltige und global zugängliche Events und Kommunikationsprozesse, die gleichzeitig Kosten senken und die Nutzererfahrung verbessern. Durch die Reduzierung von Reisen und physischen Materialien tragen sie zum Umweltschutz bei und fördern gleichzeitig die Inklusion.“ Deisenhofer ist Director Platform Design bei magnid, einem Tochterunternehmen der 1986 gegründeten Event-Agentur Proske GmbH. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in München und beschäftigt weltweit mehr als 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit seinen Technologien hat sich Proske in den vergangenen Jahren als einer der führenden Anbieter digitaler und virtueller Events und Erlebniswelten etabliert.
Schon jetzt lässt sich damit erahnen: Die Anwendungsbereiche der Digitalen Zwillinge werden sich über den bereits gut erschlossenen Kernbereich der Industrie weit hinausdehnen. So ermöglicht es die Technologie künftig, virtuelle Modelle von Veranstaltungsorten zu erstellen, die in Echtzeit angepasst und optimiert werden können.
Vor allem aber werden virtuelle Messen oder Events, die sich seit der Corona-Pandemie am Markt etabliert haben, durch den Einsatz Digitaler Zwillinge interaktiver und vor allem immersiver. Letzteres bedeutet, dass die Besucherinnen und Besucher etwa einer virtuellen Talent-Messe oder eines digitalen Workshops nicht einfach dabei sind. Sie sind vielmehr mittendrin und tauchen regelrecht ein in die virtuellen Welten, so der wahre Wortkern von „immersiv“.
Nicole Deisenhofer erklärt, was man sich unter immersiven Events vorstellen kann: „Ein herausragendes Beispiel für ein immersives Event ist ein virtueller Showroom, in dem Produkte interaktiv in 3D erkundet und mit Firmenvertretern in Echtzeit gechattet werden kann. 360°-Live-Übertragungen von Konzerten oder Konferenzen bieten den Teilnehmern mittels VR-Headsets das Gefühl, direkt vor Ort zu sein.“
Auch in der Eventbranche haben Digitale Zwillinge das Potenzial, die Planungsprozesse grundlegend zu verändern. Diese ermöglichen es, Veranstaltungsorte digital zu erkunden, Layouts zu optimieren und verschiedene Szenarien durchzuspielen, bevor die eigentliche Veranstaltung stattfindet. Dies reduziert nicht nur die Planungszeit, sondern minimiert auch die Fehlerquote und die damit verbundenen Kosten.
Dies ist eine Botschaft, die Aufraggeber aus Konzernen oder Mittelstand in Zeiten knapper gefüllter Kassen gerne hören. Die Erstellung und Nutzung virtueller Modelle reduziert zudem den Bedarf an physischen Prototypen und Testläufen, was zu einer Verringerung des Ressourcenverbrauchs und der Abfallproduktion führt.
Laut einer Studie von McKinsey können digitale Zwillinge die Produktionskosten um bis zu 30 Prozent senken und gleichzeitig die Produktentwicklungszeit um bis zu 50 Prozent verkürzen. Im Kontext von Events bedeutet dies, dass weniger physische Materialien und Transportmittel benötigt werden, was den ökologischen Fußabdruck von Veranstaltungen erheblich reduziert.
Die Zukunft wird interaktiv und immersiv
Die Rolle Digitaler Zwillinge in der Eventbranche wird in den kommenden Jahren weiterwachsen. In Zukunft könnten sie sogar dazu beitragen, vollständig virtuelle Events zu schaffen, die genauso beeindruckend und interaktiv sind wie physische Veranstaltungen. Diese Entwicklungen versprechen, die Eventbranche nachhaltig zu verändern und neue Maßstäbe für Effizienz, Nachhaltigkeit und Teilnehmerinteraktion zu setzen.
Quelle Titelbild: Proske GmbH ©