8 März 2018

Digitale Zielvereinbarungssysteme unterstützen bei der transparenten Festlegung von individuellen Zielen der Mitarbeiter und der Workflow-gesteuerten Leistungsbeurteilung über das gesamte Unternehmen hinweg. Unser Experte rexx systems interviewt zu diesem aktuellen Thema Tjalf Nienaber, Digital Evangelist der rexx systems und Arne Prieß, den Geschäftsführer von HR CONTRAST, dessen knackiges Whitepaper aktuell in der Branche die Runde macht.  

1. Wandel im Personalmanagement

rexx systems: „Herr Prieß, Sie sind seit vielen Jahren Experte für Zielvereinbarungssysteme, variable Vergütung und Performance Management in unterschiedlichsten Branchen und haben dazu beraten, trainiert und als Buchautor veröffentlicht. Ist Ihrer Meinung nach in Zeiten von Digitalisierung, disruptiven Märkten und Generation Y das Konzept, Unternehmen und Mitarbeiter mit Zielen zu führen und sie daran zu messen, noch zeitgemäß? Tjalf, du bist seit Jahren einer der Top-Experten zu den Themen Digital und Social Media und berätst unsere Kunden, wie sie für sich die digitale Transformation erfolgreich meistern. Dazu gehört eben auch die Einführung von Software wie z.B. das Modul Zielvereinbarung der rexx systems.  Die Frage „nach der Zeitgemäßheit“ geht natürlich auch an Dich.“

Arne Prieß

Arne Prieß – Geschäftsführer der HR CONTRAST GmbH Langjährige Erfahrungen als HR Direktor, 12 Jahre Vorstand eines HR Beratungsunternehmens, HR Berater, Trainer, Coach, HR Projektleiter, Buchautor und Speaker.

Prieß: „Die Diskussion pro und Contra von ZVS wird seit vielen Jahren geführt und ist m.E. unabhängig von den von Ihnen genannten Einflüssen. Ich erlebe diese Diskussion zumeist auch mehr als eine politische, bei der es eigentlich darum geht, ob das Management Lust auf das Führen mit Zielen hat, und ob man bereit ist, als Manager die Zukunft zu planen und seine Organisation und jeden einzelnen darauf auszurichten und dann auch noch einen Teil der Vergütung daran zu knüpfen. Auch wenn dies eigentlich eine der originären Managementaufgaben ist, so treffe ich in meinem Beraterleben doch regelmäßig Manager, die sich sehr operativ bewegen und denen Strategien und Ziele eher ein Gräuel sind. Und wer keine Strategien und Ziele hat, dem fällt es natürlich schwer, ZVS zu betreiben. Wenn solche Manager dann von außen gezwungen werden, solche Führungssysteme einzuführen z.B. von Gesellschaftern oder Konzernmüttern, dann verkommen sie meist zu Ritualen, Geldverteilungsmechanismen und ungeliebten Pflichtübungen, denen man sich zu Anfang des Jahres schnell entledigen will.“  

 

 


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Nienaber: „Ich gebe Herrn Prieß natürlich recht, vor allem in dem Punkt der Strategie, allerdings ist die Welt auch wie sie ist.

„Die Führungskultur hat und wird sich noch weiter verändern.“

Hierzu haben Herr Prieß und ich zusammen das Buch „Strategisches Personalmanagement“ mit weiteren Kollegen, geschrieben, in dem wir das Thema stärker ansprechen. Meiner Meinung nach wachsen neue Managertypen heran, die eben genau aus der Generation Y etc. stammen. Diese Generation definiert Führung für sich neu, denkt in anderen Zyklen, hat andere Strategiemodelle. D.h. ich muss als Berater verstärkt auf die Kultur achten und meine Systeme dahingehend anpassen und nicht umgekehrt.“  

 

rexx systems: „Was würden Sie solchen Managern entgegnen auf die Aussage: „Unsere Ziele verändern sich doch schneller als das Wetter, warum sollen wir uns also mit Zielvereinbarungen aufhalten?“  

Prieß: „Ich würde entgegnen: genau, und weil es draußen nun hagelt und schneit statt warmer Sonnenschein, sollten sie ihren Mitarbeitern tunlichst ein neues Ziel verpassen, nämlich sich winterfest zu machen.

„Gerade das schnelle Reagieren auf Veränderungen und das Planen neuer Ergebnisse, die die Organisation in Zukunft erarbeiten soll, sind doch der Motor, der eine Organisation auch im Sturm auf Kurs hält.“

Im Übrigen zeigen uns doch alle Mitarbeiterbefragungen, wie unglücklich Mitarbeiter sind, wenn man ihnen keine Orientierung gibt. Da muss man sich nur einmal die Gallup-Studien anschauen. Nach meiner Wahrnehmung sind gute und leistungsstarke Mitarbeiter im Unternehmen die größten Verfechter von ZVS. Es ist traurig, dass diese so wenig gehört werden, obwohl doch alle Unternehmen im War for Talents händeringend nach genau diesen Perlen suchen.“  

tjalf-nienaber

Tjalf Nienaber – Digital Evangelist der rexx systems GmbH, Social Media-Experte und Unternehmensberater rund um Social Business und digitale Transformation, Buchautor und Vordenker der Web HR-Community.

Nienaber: „Im Zeitalter der sogenannten „Agilität“ ergibt es natürlich keinen Sinn Ziele zu verfolgen, die am Unternehmen vorbeigehen. Allerdings sind Orientierung und Stabilität wichtig – gerade im schnelllebigen Zeitalter. Mein Rat:

  • Fundamentale Ziele festlegen
  • Regelmäßig „Unter-Ziele“ auf den Prüfstand stellen
  • Weiche Ziele formulieren
  • KPI’s, die nicht an Umsatz gemessen werden, wie z.B.
    • Reaktionszeiten
    • Zielerreichung der Weiterbildungsmaßnahmen
    • Rückmeldungen von Kunden

Aber das eigentliche Dilemma ist doch, dass die meisten ZVS sich anfühlen, wie das E-Learning in den 90er Jahren. Altbacken, ruckelig und sie machen kein Spaß. Jeder Top-Sportler weiß, dass man seine Ziele nicht erreicht, wenn man nicht Spaß und Ehrgeiz an dem hat, was man tut. Hier müssen die Firmen ansetzen. Ihre Mitarbeiter fragen, was sie wirklich motiviert. Warum sie ihre Ziele erreichen wollen. Vielleicht möchte ja jemand mal eine längere Reise unternehmen oder vielleicht könnte auch statt Geld eine Motivation sein, zukünftig aus dem Homeoffice heraus zu arbeiten. Also, was ich damit sagen will: nur ein motivierter Mitarbeiter arbeitet auch gern und zielstrebig an seinen Zielen.“  

 

2. Die Probleme bei Zielvereinbarungssystemen

rexx systems: „Was ist nach Ihrer Erfahrung der meist gemachte Fehler bei der Einführung von ZVS?“

Prieß: „Gerade im Hinblick auf meine erste Aussage bzgl. der Aversion gegen ZVS bei manchen Managern ist der meist gemachte Fehler im Rahmen der Implementierung ein zu starker Fokus darauf, wie das System laufen soll. Es wird stark vernachlässigt, zu erklären, warum Manager es tun sollten. So entsteht eben keine intrinsische Motivation und das eigentlich sinnvolle System wird als verordnetes Ritual allzu lästig. Ich baue deshalb in die Führungskräftetrainings immer auch einen gehörigen Anteil ein, bei dem ich über die Vorteile der Führung mit Management by Delegation and Objectives spreche. Ich erkläre den Führungskräften, wie motiviert und selbstständig Mitarbeiter werden können, wenn sie wüssten, was ihr Job ist und welche Ergebnisse man wann von ihnen erwartet. Meist fällt dann der Groschen und die Anwendung des Systems, einschließlich hoffentlich vorhandener moderner IT-Systeme, wird zu einem wichtigen und nicht zu vernachlässigenden Baustein der Manageraufgaben.“  

Nienaber: „Ich kann das nur unterstreichen. Meiner Erfahrung nach scheitert es oftmals daran, dass ohne Einbeziehung aller Beteiligten ein Konzept entworfen und einfach ausgerollt wird. Der sogenannte „Big Bang“. Keine wirkliche Kommunikation vorher. Schon gar keine mit einer Portion Motivation. Eher ein Diktat. Einführung als Chance zu verstehen – vielleicht auch für einen Change. Aber eines der Kernprobleme ist, wenn es nicht Top-down gelebt wird. Vor allem die Manager sollten sich Zielen verpflichten – und hier übrigens auch mal gern Bottom-up. Soll heißen:

„Was spricht dagegen, dass nicht auch Mitarbeiter Ziele für ihre Vorgesetzten definieren?“

Klar, die Firma darf sich deswegen nicht zu einem Ponyhof entwickeln, aber der respektvolle Umgang miteinander kann sich auch in den Zielen in beide Richtungen zeigen. In Bezug auf Software-Einführung: hier muss erstmal ein Konzept stehen und erprobt sein, das analog funktioniert. Form follows function.“  

rexx systems: „Bleiben wir noch mal bei dem was schief gehen kann: Was ist nach Ihrer Erfahrung der größte Fehler bei der Anwendung von ZVS?“  

Prieß: „Wenn ich bestehende ZVS auditiere, stelle ich bei der weit überwiegenden Anzahl von Zielvereinbarungen fest, dass man eigentlich keine Ziele vereinbart hat, sondern Aufgaben. Es wird beschrieben, was man tun soll, aber nicht, was am Ende des Handelns rauskommt. Deshalb ermutige und trainiere ich die Führungskräfte, Ergebnisse in der Zukunft so zu beschreiben, als wenn sie bereits fertig sind, also in Vergangenheitsform. Das liest sich am Anfang etwas befremdlich, wenn man schreibt, dass z.B. ein Projekt bis zum Ende des Jahres erfolgreich abgeschlossen wurde. Aber nur wenn man fertige Zustände beschreibt, entsteht vor dem inneren Auge ein Zielfoto. Und Management by Objectives soll ja auch den Weg zum Ziel möglichst frei lassen, damit der Mitarbeiter oder die Teams ihre Expertise bei der Beschreitung des Weges zum Ziel einbringen können.“  

Nienaber: „Der größte Fehler ist meiner Erfahrung nach, dass es langweilige Routine wird, nach dem Motto „Dann machen wir das doch wieder mit den Fähnchen!“. Kreativität am Puls der Zeit bleibt da oftmals auf der Strecke. Und klar, Papier und Excel bei der Durchführung ist nicht mehr zeitgemäß. Hier ist eine innovative Zielvereinbarungssoftware wie z.B. die der rexx systems zu empfehlen. Das wäre, wenn ich der Top-Entscheider der Firma wäre, ein „Must Have-Ziel“ der Personalverantwortlichen.“  


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3. Gründe für ein Zielvereinbarungssystem

rexx systems: „Gibt es neben den bereits erwähnten Gründen bzgl. Motivation und Orientierung weitere Gründe, warum man ZVS betreiben sollte?“  

Prieß: „Der Neurowissenschaft sei Dank wissen wir heute, dass gute und klare Ziele im Gehirn einen ganz wichtigen Impuls setzen, damit das Hormon Dopamin freigesetzt wird. Das ist praktisch eine körpereigene Droge, die Mitarbeiter motiviert, mutig und mit Engagement an die Arbeit ran zu gehen. Wer demotivierte und leistungsunwillige Mitarbeiter hat, sollte sich meiner Meinung nach nicht die nächsten teuren Benefits überlegen, die man noch im Unternehmen verteilen kann, sondern mal schauen, ob man über Ziele nicht den Glanz in die Augen der Mitarbeiter bekommt.“  

Nienaber: „Ziellos – planlos – erfolglos. Ob digital oder nicht.

„Nur wer den Hafen kennt, für den ist jeder Wind ein richtiger“

besagt ein bekanntes Sprichwort. Also nehmen Sie das Steuer in die Hand, motivieren Sie Ihre Mannschaft und Leinen los. Es gibt Ihnen und Ihren Mitarbeitern ein gutes Gefühl, dass die Firma weiß, was sie tut.“  

rexx systems: „Letzte Frage an sie beide als Experten. Was raten Sie ihren Kunden, wenn die Frage nach einem IT-System für die ZVS gestellt wird?“  

Prieß: „In Zeiten der Digitalisierung rate ich unbedingt dazu, den Arbeitsprozess, die notwendige Dokumentation, aber auch die Nutzbarkeit der Daten für andere HR-Prozesse elektronisch zu unterstützen. In Zeiten der Industrie 4.0 wäre es geradezu ein Rückfall in die Steinzeit, wenn man solche Möglichkeiten nicht nutzt. Aber ich rate auch dazu, dass niemals die Technik und deren Bedienung im Zentrum des Prozesses stehen dürfen. Im Vordergrund steht das Gespräch, die Zielqualität, der Austausch über die Zukunft und was man da erreichen möchte. IT-Systeme müssen also Entlastung und ggf. auch Struktur anbieten, aber niemals zum Selbstzweck werden.“  

Nienaber: „Ergänzend dazu: Die Frage nach dem „Warum“. Auch die Einführung eines IT-Systems muss mit Zielen untermauert werden – und hier sind alle Beteiligten gefragt. Das betrifft nicht nur IT, Management und Personalabteilung, sondern auch u.a. die Mitarbeiter und den Betriebsrat.“  

rexx systems: „Vielen Dank für das interessante Gespräch.“  

 


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Quelle Titelbild: iStock/anyaberkut