Statt an dem Ende Mai 2025 vorgestellten Plan für den Bau einer gemeinsamen KI-Gigafactory festzuhalten, gehen SAP, die Deutsche Telekom, Ionos und die Schwarz-Gruppe nun konkurrierend eigene Wege, um aus dem Milliarden schweren EU-Fördertopf schöpfen zu können.
Nicht erst seit dem Amtsantritt der neuen US-Regierung sucht Europa nach Wegen, digital souveräner und unabhängiger zu werden. So hat die EU-Kommission Anfang Februar 2025 eine InvestAI-Initiative mit geplanten Investitionen von 200 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Zwei Monate später folgte der Plan, 20 Milliarden Euro in fünf Gigafactories mit jeweils rund 100.000 KI-Chips zu investieren.
Diese zweite Initiative hat Ende Mai 2025 führende Vertreter der deutschen Tech-Branche dazu gebracht, sich mit einem gemeinsamen großen KI-Rechenzentrum für diesen Fördertopf zu bewerben.
Damals war der auf einer Tech-Konferenz in Heilbronn vorgestellte Plan des dort gebildeten deutschen Konsortiums aus SAP, Siemens, der Deutschen Telekom, dem Internetanbieter Ionos und der Schwarz-Gruppe nicht ganz in trockenen Tüchern. Und wie unter anderem Focus und Heise einen Monat später berichten, wird daraus wohl nichts, gemeinsam in eine KI-Gigafactory „Made in Germany“ zu investieren.
Aus Verbündeten werden Konkurrenten

Aus Partnern werden Konkurrenten: Telekom, SAP & Co. verfolgen ihre Gigafactory-Pläne nun getrennt. (Bildquelle: Unsplash / Ian Battaglia)
Denn die genannten Unternehmen konnten sich nicht auf ein gemeinsames Konzept für die Bewerbung im Rahmen der besagten KI-Gigafactory-Initiative einigen und treten nun gegeneinander an, um mit eigenen Rechenzentren aus dem zweistelligen Milliarden-Fördertopf der EU schöpfen zu können, wie Focus den Fachdienst „Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI“ zitiert.
Der ursprüngliche Plan der EU sieht vor, den Bau von bis zu fünf Rechenzentren für das Training europäischer großer KI-Modelle mit jeweils 35 Prozent der geschätzten Kosten von jeweils drei bis fünf Milliarden Euro finanziell zu unterstützen.
Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, Deutschland zum führenden KI-Standort mit mindestens einer Gigafactory zu machen. Insofern hatte das lose geschmiedete Konsortium der deutschen Tech-Giganten politischen Rückenwind, bevor es kurz darauf zerplatzte.
Die Bewerbungsfrist ist bereits abgelaufen
Derweil lief am Freitag, den 20. Juni die Bewerbungsfrist ab, um Interesse zu bekunden, EU-Fördergelder für den Bau eigener KI-Rechenzentren zu erhalten. SAP hat schon mal signalisiert, sich nicht an einem gemeinsamen Projekt beteiligen zu wollen. „Wir sind bei der Interessensbekundung erst einmal außen vor“, sagte eine SAP-Sprecherin. Man wolle sich vorrangig auf die Rolle als Softwarelieferant konzentrieren und sehe auch keinen großen Bedarf an einer KI-Fabrik, wie Focus sie zitiert.
Die Deutsche Telekom hat dagegen Bereitschaft bekundet, eine führende Rolle in der KI-Gigafactory-Initiative zu übernehmen und werde entsprechend „eine Interessensbekundung abgeben“, so ein Sprecher des Rosa Riesen. Die Telekom lade Unternehmen, Technologiepartner, Institutionen und weiter Organisationen ein, sich dieser Initiative anzuschließen: „Wir erwarten, dass sich der Austausch zwischen den verschiedenen Playern intensivieren wird.“
Uwe Geier, Head of Cloud Solutions bei Ionos, blies in ein ähnliches Horn: „Wir werden mit starken Partnern eine überzeugende Bewerbung abgeben.“ Andreas Weiss, Geschäftsführer des Eco-Verbandes, findet es „erstmal nicht problematisch, wenn es mehrere Interessensbekundungen gibt“. Er fände es aber auch „unsinnig, wenn es am Ende konkurrierende Anträge aus Deutschland gibt“.
Kapazitäten für ein europäisches LLM
Mit der Gigafactory-Initiative und geplanten Großprojekten könnten in Europa laut ITB erstmals KI-Rechenzentren entstehen, die gezielt für das Training großer Sprachmodelle, sogenannter LLMs, ausgelegt sind und US-Vorbildern der Hyperscaler etwas entgegen setzen würden. Das hängt aber auch davon ab, ob und in welcher Höhe die von der EU-Kommission in Aussicht gestellten Gelder tatsächlich fließen.
Einzelstaaten sind da fiskalisch eher die Hände gebunden, was schließlich auch auf Deutschland zutrifft. Die Bundesregierung unterstützt aber wie gesagt Pläne für eine Initiative, Deutschland nicht nur führend in der Nutzung, sondern auch in der Gestaltung von KI-Infrastrukturen der nächsten Generation zu machen.
Ähnlich hatte sich bei Vorstellung des Konsortiums Ende Mai auch Rolf Schumann, Chef der Digital-Sparte der Schwarz-Gruppe, geäußert und angedeutet, auch weitere Unternehmen mit ins Boot holen zu wollen: „Wir hoffen, dass wir alle zusammenbringen, die Sache hinbekommen und es gemeinsam durchziehen.“
Quelle Titelbild: Unsplash / Milad Fakurian